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1 Hallo ihr Cuties

Reden wir doch mal wieder über die Verwendung von Sprache im Bezug auf Menschen mit .

Es geht mir dabei insbesondere darum, dass uns, also den Menschen mit Behinderung, sehr oft von nicht betroffenen Menschen erklärt wird, dass wir doch nicht das Wort Behinderung benutzen sollen. Stattdessen kommen dann Vorschläge wie “Handicap” oder “besondere Bedürfnisse”.

2 Also, was ist denn jetzt korrekt? Die Antwort ist einfach: Behinderung ist die korrekte Bezeichnung, weil der Begriff die soziale Komponente, also das behindert werden durch die Gesellschaft, mitdenkt.

Der Großteil von uns nutzt dieses Wort als Selbstbezeichnung und auch als Begriff für die Community. Wir sagen Behinderung, Mensch mit Behinderung oder Menschen mit Behinderung, um Sichtbarkeit zu schaffen.

3 Unsere Situationen, die Kämpfe und Diskriminierungen wurden zu lange unter einem hübschen Deckmäntelchen von Euphemismen versteckt. Menschen sprechen von "besonderen Bedürfnissen". Welche genau?

Wir haben Hunger und Durst, müssen auf die Toilette, wir müssen schlafen, haben die gleichen Bedürfnisse nach sozialer Interaktion wie Menschen ohne Behinderung. Unsere Bedürfnisse sind kein bisschen unterschiedlich.

4 Sie finden im selben Spektrum von "Brauche ich" bis "brauche ich nicht" statt. Daher ist die Nutzung dieses Framings purer Ableismus und reines Othering. Die Aussage ist "Die sind nicht wie wir, die sind anders." Deswegen sollen "die" auch unter sich bleiben.

Man redet von “Handicap”, weil Menschen ohne Behinderung irgendwie diesen Euphemismus zu brauchen scheinen. Über die Sinnhaftigkeit muss man sich hierbei kaum noch unterhalten.

5 Die soziale Komponente vergisst man dabei natürlich völlig, die ist auch oft unangenehm für nicht betroffene Menschen, weil sie dadurch irgendwie mit den Ausgrenzungen durch Barrieren konfrontiert werden.

Sind wir ehrlich, die wenigsten Menschen ohne Behinderung werden gerne mit diesem Thema konfrontiert. Außerdem hat man dadurch noch so schöne Assoziationen von Golf.

Als Selbstbezeichnung für eine einzelne Person mögen andere Begriffe völlig in Ordnung sein.

6 Aber bitte hört mit diesen Euphemismen für Menschen mit Behinderung auf. Ihr erweist uns damit einen Bärendienst, auch wenn ihr es gut meint.

Wir reden uns seit Jahren den Mund fusselig, warum man gewisse Begriffe nicht verwenden sollte, und wir sind nicht gerade leise.

7 Es gibt Bücher von betroffenen Menschen, wir sind auf Social-Media unterwegs, wir sprechen in Podcasts, im Radio und im Fernsehen darüber. Disability Studies ist ein eigenes Studienfach. Letzteres setzt sich unter anderem mit den Auswirkungen dieses Framings auseinander.

Denn für uns hat dieses Gedankengut, welches durch dieses Framing gestützt wird, ganz reale und schwerwiegende Konsequenzen.

Einige Menschen sehen uns als “anders”, wir sind für sie weniger Wert oder “beschädigt”.

8 Unsere und unsere nötigen Hilfsmittel werden unter einem Kostenfaktor betrachtet. Wir müssen unsere Behinderungen nachweisen, nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder, wobei unser Wort und unsere Expertise in der eigenen Situation kaum etwas wert ist.

9 Viele von uns leben unter Fremdbestimmung, obwohl es nicht nötig wäre. Aufstehen, Essen, Duschen, Toilette, Medikamente, Schlafen, all das funktioniert nach einem festen Plan, den die Betroffenen nicht beeinflussen können.

Fremde Menschen, die uns nie persönlich begegnen, entscheiden nur allzu oft über den Verlauf unseres Lebens. Das Bild in ihren Köpfen, das sie über uns Menschen mit Behinderung haben, ist geprägt von diesem Framing der Ungleichwertigkeit.

10 Für die meisten von ihnen sind wir nicht mehr als Bittsteller*innen und sie lassen uns das auch spüren.

Wenn wir dann an einen Punkt kommen, an dem wir müde, genervt oder wütend sind, einfach deswegen, weil uns irgendwann die Kraft ausgeht, heißt es oft von nicht betroffenen Menschen “dafür gibt es keinen Grund”. Doch gibt es, weil nicht betroffene Menschen in der Regel nicht zuhören möchten und dann muss man manchmal eben etwas deutlicher werden.

11 Es sollte zwar nicht nötig sein, aber die Notwendigkeit erschafft letztlich die Mehrheitsgesellschaft. Das ist übrigens auf alle marginalisierten Gruppen übertragbar.

Übrigens, auch betroffene Menschen können Diskriminierungen internalisieren und sie so übertragen. Das macht die grundlegende Diskriminierung dahinter aber nicht besser oder ungeschehen. Sprache schafft Realität.

12 Dementsprechend schafft eine ausgrenzende Sprache eine ausgrenzende Realität. Deshalb hört bitte ganz grundsätzlich auf betroffene Menschen, lernt von ihnen und nutzt keine Sprache, die einen ganz realen negativen Effekt auf das Leben anderer Menschen hat.